
Kann das eindringliche und fordernde Theaterstück „SAD-88“ auch in Schulen aufgeführt werden? Unbedingt, wenn nur irgendwie möglich!
Dieses „verstörende“ Theaterstück arbeitet den rassistisch motivierten Brandanschlag am 17. Dezember 1988 in Schwandorf auf: Der Neonazi Josef S. setzte damals das Habermeier-Haus in Brand, getrieben vom Hass auf Ausländer. Vier Menschen kamen ums Leben: Osman Can (50), Fatma Can (43), Mehmet Can (12) und Jürgen Hübener (47). Mit der Erinnerungskultur an dieses Verbrechen, es war das erste dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland, taten sich viele der regionalen Politiker sehr schwer, was dazu führte, dass diese schreckliche Tat in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde.
Dieses verdrängte Kapitel Schwandorfer Geschichte brachte das OVIGO-Theater an der Doktor-Eisenbarth-Mittelschule für die höheren Jahrgangsstufen auf die Bühne. Die multimediale Bühneninszenierung mit Lisamarie Berger und Florian Wein erinnert an die vier Todesopfer des Brandanschlags und ist ein Mahnmal gegen das Vergessen.
Aber warum tat sich Schwandorf jahrzehntelang so schwer mit der Aufarbeitung dieses Verbrechens? War es aus Bequemlichkeit oder Gleichgültigkeit? „SAD-88” ist ein Aufruf, genau hinzusehen. Das Theaterstück konfrontiert die Schülerinnen und Schüler mit der Vergangenheit, um daraus für die Gegenwart zu lernen. Die Inszenierung rüttelt auf und macht deutlich: Das Geschehene darf nicht in Vergessenheit geraten, denn nur durch das Erinnern kann verhindert werden, dass sich die Geschichte wiederholt. In einer Zeit, in der rassistische und rechtsextreme Strömungen wieder an Fahrt gewinnen, ist „SAD-88” ein notwendiges Stück – eindringlich und hochaktuell.
Das OVIGO-Team beweist eindrucksvoll, dass Theater viel mehr sein kann als Unterhaltung. „SAD-88” ist eine Geschichtseinheit auf der Bühne, die manchen Jugendlichen verstört zurückließ. Das Geschehen wurde deshalb im Rahmen der Projekttage „Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage“ von den Lehrkräften weiter aufgearbeitet.
In der Nachbetrachtung wurden besonders die schauspielerischen Leistungen hervorgehoben und die raffinierte Inszenierung. „SAD-88“ ist eine Eigenproduktion des OVIGO-Theaters, die einige Jahre der Entwicklung in Anspruch nahm. Diese künstlerische Umsetzung verdient höchstes Lob.
Text und Foto: Werner Winderl