Unter großer Beteiligung der Bevölkerung und verschiedener Vereine sowie der musikalischen Umrahmung durch die Stadtkapelle und den Kolping Spielmannszug wurde am Volkstrauertag am Ehrenmal in der Altenheim-Allee an die Opfer von Krieg, Terror und Gewalt erinnert.
„Ich kenne keinen Krieg, ich kenne nur Geschichtsbuchkapitel …“ mit diesen Worten begann ein Textbeitrag, den Larissa Kramer und Michael Spachtholz aus der 10. Klasse der Doktor-Eisenbarth-Mittelschule vortrugen. „… ich wünschte, ich wär‘ nicht so machtlos dagegen. ich wünschte, ein jeder wird ihn wie ich nur noch vom Hörensagen kennen.“ Der Text „ein gedicht über den krieg schreiben, wenn man nur frieden kennt“ von Janina Bodendörfer entstand kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine und zeigt, dass der Volkstrauertag kein Relikt aus vergangenen Zeiten ist, sondern wichtiger denn je.
Für den Vortrag wurde der Text an wenigen Stellen abgeändert:
ein gedicht über den krieg schreiben, wenn man nur frieden kennt
ich kenne keinen krieg
ich kenne nur geschichtsbuchkapitel
mit schaubildern und einem spannenden titel,
mit fakten und daten und zahlen und quoten:
1. Weltkrieg, 1914–18, mit 17 Millionen –
2. Weltkrieg, 1939–45, mit 80 Millionen Toten.
ich kenne keinen krieg
ich kenne nur literaturmeisterwerke
wohlklingende Worte von schönheit & stärke
von brecht und schiller, die sie uns hinterließen:
wir waren 18 jahre und liebten die welt und das dasein,
aber wir mussten darauf schießen.
ich kenne keinen krieg
ich kenne nur abendessen anekdoten
am tisch ist schwerwiegendes schweigen geboten
wenn opa uns wieder von damals erzählt:
wir hatten hunger und hatten kein geld.
wir stahl‘n g‘frorne kartoffeln vom feld.
ich kenne keinen krieg
ich kenne nur nachrichtenbilder
explosionen in städten und weinende kinder,
daneben der sprecher, der sachlich erklärt:
vor kurzem haben die russischen truppen
ihre angriffe verstärkt.
ich kenne keinen krieg
ich kenne nur frieden
ich musste nie fliehen, bin immer geblieben.
ich hatte nie hunger, bin immer schon satt.
ich musste nie schießen, weil man‘s mir befohlen hat.
ich kann seine schrecken nur benennen,
doch andere müssen den krieg durchleben.
ich wünschte, ich wär‘ nicht so machtlos dagegen.
ich wünschte, ein jeder würd‘ ihn wie
ich nur noch vom hörensagen kennen.
Gedichttext nach Janina Bodendörfer (Aus dem Gedichtband „kristallgesichter“ von Janina Bodendörfer, story.one Verlag, 2024, S. 29, Abdruck mit ausdrücklicher Erlaubnis der Autorin)
Foto: Jürgen Dietl